So funktioniert eine Fischtreppe

Um vom Meer zurück zu ihren Laichplätzen im Rhein und in seinen Zuflüssen zu gelangen, nutzen Lachse schon mal eine Treppe. Denn sogenannte Fischtreppen ermöglichen es den Tieren, Hindernisse wie Staustufen zu überwinden. Hier erfahren Sie mehr.

Bis in die 1950er-Jahre war der Rhein eines der wichtigsten Reviere für Lachse. Von ihren Kinderstuben in den Rheinnebenflüssen wie Murg, Elz oder Kinzig schwimmen die Fische stromabwärts durch den Rhein in die Nordsee und weiter bis in den Atlantik. Zur Fortpflanzung kehren sie dann in ihre Heimatgewässer zurück. Doch durch zunehmende Wasserverschmutzung und Flussverbauungen wurden die Lebensbedingungen so schlecht, dass die ursprünglichen Rheinlachse komplett ausstarben. Erst seit den 1980er-Jahren versuchen verschiedene Initiativen und Programme, die Wiederansiedlung der Wanderfische voranzutreiben.

Entscheidend für den Erfolg dieser Projekte sind sogenannte Fischtreppen – auch Fischpässe genannt –, die den Tieren bei der Überwindung von Staustufen helfen. Eine solche Fischtreppe befindet sich beispielsweise an der Staustufe in Gambsheim. Sie ist Teil der Passage309 – eines grenzüberschreitenden Projekts zur Schaffung eines ökotouristischen Raumes. Da Wanderfische immer gegen den Strom schwimmen, werden sie durch eine sogenannte Lockströmung veranlasst, zum Eingang eines künstlichen Wasserlaufs zu schwimmen. Innerhalb des Fischpasses gibt es dann eine Reihe aufeinanderfolgender Becken, die durch Spalten in den Abtrennungen miteinander verbunden sind. Jedes nachfolgende Becken liegt etwas höher als das vorherige und ermöglicht es den Tieren, das Wasserkraftwerk zu umgehen und die gesamte Höhendifferenz in vielen kleinen Abschnitten zu bewältigen.

Passage309: eine der größten Fischtreppen Europas

Das Gesamtbauwerk besteht aus einem Wehr, einem Wasserkraftwerk und zwei Schleusen für Schiffe. Den Höhenunterschied von rund elf Metern zwischen Ober- und Unterwasser können die Fische dank einer Fischtreppe überwinden.

Die Fischtreppe besteht aus 39 aufeinanderfolgenden Becken, die durch Spalten miteinander verbunden sind. Nach Überwindung jeder kleinen Stufe können Lachs und Co. sich im darüber gelegenen Becken ausruhen.

Im Besucherzentrum gibt es eine Ausstellung mit Informationstafeln und Videos zur Funktion der Fischtreppe und den im Rhein vorkommenden Fischarten sowie einen Beobachtungsbereich mit Blick unter das Wasserniveau in den Becken. 

Experten-Interview: Wiederansiedlung von Lachsen im Rheingebiet

Diplom-Biologe Ingo Kramer ist Geschäftsführer des Landesfischereiverbands Baden-Württemberg e. V. (kurz LFVBW). Weitere Informationen finden Sie auch unter: www.lfvbw.de
Im Interview erklärt er, wie es um den Lachsbestand im Rhein bestellt ist.

Herr Kramer, wie setzt sich der LFVBW als anerkannter Naturschutzverband für Lachse ein?
Ingo Kramer: Seit 2001 setzen wir das international koordinierte Programm zur Wiederansiedlung des Lachses in Baden-Württemberg um. Wir sorgen dafür, dass jedes Jahr etwa 400.000 junge Lachse in die ehemaligen Lachsflüsse in Baden-Württemberg eingesetzt werden. Diese werden in unserer verbandseigenen Lachszucht im Wolftal (siehe Kasten unten) sowie in einer Lachszucht im Elsass gezüchtet. Weiterhin setzen wir uns für die Herstellung der Durchgängigkeit der Fließgewässer und deren Renaturierung ein. Dadurch werden Laichplätze für Lachse und andere Fischarten geschaffen sowie Lebensräume für deren Nachwuchs. Wenn der Lachs wieder heimisch ist, sind die Gewässer auch für alle anderen Fischarten wieder bestens geeignet.

Wie erfolgreich ist die Wiederansiedlung?
Ingo Kramer: Die Situation ist von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich. Das betrifft sowohl die stark schwankende Zahl der aus dem Atlantik zurückkehrenden laichbereiten Lachse als auch die Zahl der in den Lachszuchten produzierten Junglachse. Klimatische Faktoren, Unwetter und vor allem der Wassermangel erschweren eine gleichbleibende Weiterentwicklung des Projekts. Die Zahl von 203 zurückkehrenden Lachsen im Jahr 2020 im Fischpass Iffezheim und die langfristig steigende Zahl der Rückkehrer ermutigt uns, das Projekt zur Wiederansiedlung mit voller Kraft weiter zu betreiben.

Welche Probleme und Gefährdungen für die Fische gibt es?
Ingo Kramer: Nach wie vor ist die Durchgängigkeit der Fließgewässer das größte Problem bei der Wiederansiedlung von Wanderfischen. Die Erreichbarkeit des freien Atlantiks von Baden-Württemberg aus ist noch immer eingeschränkt, vor allem im Mündungsbereich des Rheins. Es werden zwar immer mehr Wanderhindernisse (Wehre, Schwellen etc.) entschärft, jedoch ist die freie Durchwanderbarkeit der Flüsse von der Quelle bis zur Mündung noch lange nicht erreicht. Die immer noch in großer Zahl bestehenden Verbauungen sind noch schwere Beeinträchtigungen. In kleineren Flüssen machen auch die Trockenheit und die Hitze zunehmend Probleme.

Wie wichtig sind Fischtreppen für die Lachse?
Ingo Kramer: Fischtreppen sind unerlässliche Voraussetzung für die Wiederansiedlung der Wanderfische. Das gilt nicht nur für die klassischen Fischtreppen, sondern für Fischaufstiegshilfen jeglicher Art. Die Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit der Fließgewässer muss das oberste Ziel sein. Dabei muss berücksichtigt werden, dass Fischtreppen immer nur Aufstiegshilfen sind. Die Wanderfische müssen aber auch hinunterkommen. Deshalb muss nicht nur der Aufstieg, sondern immer auch der Abstieg der Fische gewährleistet werden. Wandernde Fische folgen der stärksten Strömung. Oft führt diese abwärts direkt zur Turbine der Wasserkraftanlagen. Ohne einen funktionsfähigen Fischabstieg können die Folgen für die Wanderfische fatal sein.

2.000 junge Lachse für die Murg

EDEKA Südwest unterstützt die Wiederansiedlung von Lachsen in den Zuflüssen des Rheins mit regelmäßigen Fischbesatzaktionen. 2022 fand diese Aktion bereits zum achten Mal statt. In diesem Jahr gab es tatkräftige Unterstützung von EDEKA-Kaufmann Jochen Fitterer aus Rastatt, von Schülerinnen und Schülern der Hardtschule in Durmersheim, dem Angelsportverein Rastatt und dem Landesfischereiverband Baden-Württemberg. Rund 2.000 junge Lachse wurden so in die Murg in die Freiheit entlassen.

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