Heimische Fische schützen
Der Klimawandel und menschliche Eingriffe setzen den Fischbeständen in unseren Flüssen stark zu. Ingo Kramer vom Landesfischereiverband Baden-Württemberg erklärt, warum viele Arten bedroht sind und welche Maßnahmen helfen können.


Diplom-Biologe Ingo Kramer ist Geschäftsführer des Landesfischereiverbands Baden-Württemberg e. V. (kurz LFVBW). Der LFVBW ist ein anerkannter Naturschutzverband und Mitglied im Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg. In dieser Funktion arbeitet er eng mit Behörden und anderen Naturschutzverbänden zusammen. Zweck und Aufgabe des Verbandes sie die Förderung der Fischerei, der Gewässerschutz und die Hege und Pflege der frei lebenden Tier- und Pflanzenwelt.
Welche Bedingungen brauchen Fische für ein gesundes Leben im Fluss?
Ingo Kramer: Fische haben unterschiedliche Ansprüche an ihren Lebensraum, die je nach Art und Altersstadium variieren. Jungfische brauchen flache, strömungsarme Bereiche, um sich sicher entwickeln zu können. Barben ziehen sich im Winter in tiefe Kolke zurück – das sind strömungsberuhigte Vertiefungen im Flussbett –, um dort geschützte Winterlager zu finden. Und Bachforellen brauchen kiesige Gewässerabschnitte als Laichplätze. Das Wichtigste für alle Arten ist jedoch ein Fluss mit großer struktureller Vielfalt – naturnahe Gewässer mit variierenden Strömungsverhältnissen, kühlen Zuflüssen und schattenspendenden Uferbepflanzungen.
Was sind die größten Herausforderungen für den Erhalt der Fischvielfalt in unseren Flüssen?
Ingo Kramer: Die größte Bedrohung sind der Klimawandel und seine Folgen. Viele Arten wie die Bachforelle ziehen sich wegen der steigenden Wassertemperaturen in kühlere Oberläufe zurück – bis es schlicht keinen weiteren Rückzugsort mehr gibt. Ein weiteres Problem besonders für Wanderfische sind Hindernisse wie Wasserkraftanlagen. Der Aal zum Beispiel, der zum Laichen in die Sargassosee vor Mittelamerika wandert, leidet unter der fehlenden Durchlässigkeit unserer Fließgewässer. Selbst wenn Fischtreppen die Wanderung flussaufwärts ermöglichen, muss er auch wieder zurückschwimmen können. Und in Wasserkraftanlagen führt der Weg nach unten oft durch die Turbine.
Bachforelle

Groppe

Aal

Welche Fischarten sind besonders stark gefährdet?
Ingo Kramer: Zu den am stärksten bedrohten Arten gehören die Bachforelle, die Groppe, die Barbe und die Nase. Die Bachforelle und die Groppe teilen sich nicht nur den Lebensraum, sondern auch die extreme Empfindlichkeit gegenüber steigenden Wassertemperaturen. Wenn die Temperatur über 20 Grad ansteigt, bekommen sie lebensbedrohliche Probleme, weil bei höheren Temperaturen einfach zu wenig Sauerstoff im Gewässer gelöst ist.
Mit welchen Schutzmaßnahmen setzt sich der Landesfischereiverband für heimische Fische ein?
Ingo Kramer: Wir müssen unsere Gewässer schnell und umfassend renaturieren. Ein erfolgreiches Beispiel sind sogenannte Kältepools, die wir in Zusammenarbeit mit dem Land Baden-Württemberg anlegen, zum Beispiel in der Dreisam bei Freiburg und Nimburg. An Stellen, wo Grundwasser mit etwa 10 Grad ins Gewässer eintritt, werden mindestens 1,50 Meter tiefe Senken geschaffen, die mit im Boden verankerten Wurzelstöcken geschützt werden. Sie bieten empfindlichen Arten Rückzugsorte, besonders während Hitzeperioden oder Niedrigwasser. Die Zahl der Fische hat sich dort vervielfacht – ein Erfolgsmodell, das inzwischen in ganz Deutschland Schule macht.
Wir machen uns auch für die Wiederansiedlung von Lachsen in den Zuflüssen des Rheins stark. EDEKA Südwest ist dabei seit Jahren einer unserer wichtigsten Partner. Besonders schön sind die Besatzaktionen mit Kindern, die wir so für den Naturschutz begeistern wollen.
Nase

Wels

Barbe

#zukunftleben: Lachsbesatzaktion
EDEKA Südwest unterstützt die Wiederansiedlung von Lachsen im Rheingebiet mit regelmäßigen Fischbesatzaktionen. Denn wenn sich der Lachs in unseren Flüssen wieder wohlfühlt, geht es auch anderen Fisch- und Pflanzenarten gut. Bei der elften Aktion im Mai 2025 wurden 15.000 Junglachse in die Rench in die Freiheit entlassen.

#zukunftleben: Renaturierung der Dreisam
EDEKA Südwest hat 2014 gemeinsam mit der Stiftung NatureLife-International unter dem Motto „Unsere Heimat & Natur“ einen jährlichen Wettbewerb für herausragende Naturschutzprojekte im Südwesten ausgerufen. Ausgezeichnet und gefördert werden Projekte, die sich mit dem Erhalt, der Schaffung, der Renaturierung und dem Schutz von Lebensräumen für Wildtiere und -pflanzen befassen. Im Rahmen des Wettbewerbs wurde 2025 u.a. das Renaturierungsprojekt der IG Dreisam e.V. ausgezeichnet.
