Demeter-Salat für den guten Zweck
Christian und Birger Richter leiten die Gärtnerei des Pestalozzi Kinderdorfes. Der Demeter-Betrieb versorgt nicht nur die Bewohnerschaft und Mitarbeitende mit frischem Gemüse – hier können benachteiligte Jugendliche auch einen Beruf erlernen.
Nur wenige Kilometer vom Bodensee entfernt liegt das Pestalozzi Kinderdorf. Ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche in sozialen Notlagen nicht nur zur Schule und zum Kindergarten gehen, sondern auch wohnen und in neun landwirtschaftlichen und handwerklichen Betrieben ihre ersten Berufserfahrungen sammeln können. Einer davon ist die Gärtnerei von Christian Richter und seinem Sohn Birger. Sie bauen auf ihren Feldern Salat nach Demeter-Richtlinien an. Das bedeutet, dass sie auf chemisch-synthetischen Dünger verzichten und ihre Felder nur mit dem stärken, was ihnen die Natur bietet. „Je lebendiger der Boden, desto gesünder sind wir“, erläutert Christian Richter diesen Ansatz. Das kostet zwar Zeit und benötigt viel Hingabe, doch das stört den Gärtnermeister nicht: „Ich liebe diesen Beruf – und das muss man auch!“
Christian Richter, Gärtnermeister und Geschäftsführer der Gärtnerei
im Pestalozzi Kinderdorf in Stockach-Wahlwies
Der Anbau von Salat nach Demeter-Richtlinien ist jedoch nicht das Einzige, was den Betrieb am Bodensee von anderen Gärtnereien abhebt: Hier müssen nämlich schon die Auszubildenden eine Vorbildfunktion übernehmen. Denn neben ihnen erlernen in Stockach-Wahlwies auch Fachwerkerinnen und Fachwerker das Gärtnern. „Das ist eine in den theoretischen Anforderungen reduzierte Form der Ausbildung. Häufig handelt es sich dabei um Menschen mit Lernschwäche, die Unterstützung brauchen und diese hier auch bekommen“, sagt Birger Richter. Das Gärtnern sei perfekt, um bei Jugendlichen mit einer Lernschwäche Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu wecken: „Gemüse wächst recht schnell und wir bringen das, was wir als Team erarbeitet haben, am Ende des Tages nach Hause. Es ist ein sehr positiver Beruf, der das Selbstvertrauen stärkt.“
Der Demeter e. V. ist der älteste Bio-Verband in Deutschland und lebt die Kreislaufwirtschaft. Die Mitglieder gehen sorgsam mit den natürlichen Ressourcen um und gestalten Landschaft bewusst und nachhaltig. Der Demeter-Ansatz gilt als nachhaltigste Form der Landbewirtschaftung. Weitere Infos unter: www.demeter.de
Echte Handarbeit: In 7 Schritten zum Demeter-Salat
Vorbereiten des Bodens: Die Basis für frischen Salat ist ein gesunder, lebendiger Boden. Deshalb bereitet Christian Richter seine Felder auf die Saison vor: Er achtet unter anderem darauf, dass immer wieder verschiedene Pflanzenfamilien angebaut werden, um die Vielfalt der Bakterien im Boden zu fördern. Gleichzeitig werden Präparate auf die Böden ausgebracht. Als Dünger dient der Mist des landwirtschaftlichen Betriebs, der ebenfalls zum Pestalozzi Kinderdorf gehört.
Anrühren der Präparate: Biodynamische Präparate wie der Hornmist sollen den Boden stärken. Dafür wird Kuhmist zunächst etwa vier Monate lang in einem Horn in der Erde vergraben. In dieser Zeit sollen sich die Kräfte des Horns und des Bodens auf den Mist übertragen. Anschließend wird das Präparat eine Stunde lang mit Wasser verrührt und dann in kleinen Mengen auf dem Acker ausgebracht.
Einsäen: Pro Handgriff werden zehn Setzlinge mit einer Art Schaufel auf eine Schiene gesetzt. Eine Maschine lässt die Pflanzen dann vorsichtig auf den Boden fallen. Anschließend werden Horngrieß-Pellets, ein organischer Biodünger, darüber ausgebracht. Gärtnermeister Christian Richter weiß zu schätzen, was seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Saat leisten: „Die Maschine legt ein ordentliches Tempo vor. Auf dem Traktor bleibt keine Zeit zum Ausruhen.“
Hegen und pflegen: Nachdem die Setzlinge gepflanzt wurden, wird der Boden kräftig gegossen. Anschließend kümmern sich die Landwirtinnen und Landwirte darum, dass sich die Pflanze wohlfühlt: „Wir müssen Temperatur, Windgeschwindigkeit und andere äußere Einflüsse richtig deuten können. Das ist die große Kunst des Gärtnerns“, verrät Christian Richter.
Ernten: Echte Teamarbeit ist bei der Ernte der Salate gefragt. Vorne rollt der Traktor langsam über das Feld, während hinten Salatkopf für Salatkopf in Akkordarbeit auf das Förderband gelegt wird. Wichtig hierbei: Im Sommer muss die Ernte bereits in den frühen Morgenstunden geschehen – mittags ist der Salat zu trocken.
Waschen: „Zu Hause habe ich keinen Whirlpool – hier schon“, scherzt Christian Richter über die Waschstraße in der Gärtnerei. Der Vergleich liegt nahe: Ein Förderband zieht die Salatköpfe durch ein sprudelndes Wasserbad. Am anderen Ende werden diese dann für die letzte Station – das Verpacken – vorbereitet.
Verpacken: Auch hier wird auf maschinelle Hilfe verzichtet: Das Augenmaß der Gärtnerinnen und Gärtner entscheidet, ob Größe und Gewicht stimmen. Gleichzeitig werden Ranken oder eingerissene Blätter abgeschnitten und von Hand aussortiert. Ist der Salatkopf in Ordnung, wandert er in die Papierverpackung.