Die Tofu-Revolution: Rainer Ganter ist Pionier für heimischen Soja

Woher kommt eigentlich das Soja für die vielseitigen Tofu-Produkte? Zum Beispiel von Rainer Ganter aus Achern. Ende der 90er-Jahre hat er als einer der ersten Landwirtinnen und Landwirte damit begonnen, Sojabohnen in Baden-Württemberg anzubauen. #zukunftleben hat den Bio-Bauern bei der Ernte besucht.

Herbstanfang. Trocken sehen sie aus, die Sojapflanzen auf dem Feld von Rainer Ganter. Hellbraune Halme, soweit das Auge reicht. Fast wirken sie verdorrt. Doch der Landwirt lächelt. Vorsichtig zupft er eine Hülse vom Halm, hält sie an sein Ohr und schüttelt sie etwas. Drinnen klackern die Sojabohnen. „Reif für die Ernte“, sagt er zufrieden. Seit 25 Jahren baut Rainer Ganter nahe Achern Bio-Sojabohnen an. Damit ist er einer der ersten in Deutschland, die diese Pflanze bei uns heimisch gemacht haben. Ein hartes Stück Arbeit. Denn das hiesige Unkraut ist für die Sojabohne ein Problem – und Pestizide lehnt Rainer Ganter in seinem Betrieb grundsätzlich ab. Hinzu kommt noch das andere Klima. „Anfangs gab es Fehlschläge“, erinnert er sich. Und viele Bäuerinnen und Bauern im Umland beobachteten das Experiment mit Skepsis und belächelten den Soja-Anbau. „Sie waren davon überzeugt: Das gibt nie etwas. Ich war anderer Meinung.“

Die Zweifel weckten den Ehrgeiz des 60-Jährigen, Sojabohnen weiter anzubauen und dabei auf altes Wissen zurückzugreifen, das sich bewährt hat – ohne Chemie. Heute ist er davon überzeugt, dass der Soja-Anbau gut in die Fruchtfolge passt. Etwa, weil er den Boden mit Stickstoff anreichert. Rainer Ganter wechselt Soja mit Dinkel, Bohnen, Klee, Weizen, Hafer und Mais. „Je nachdem, was dem Boden gerade gut tut. Ich betreibe keinen anonymen Massenanbau, sondern will eine lebendige Landwirtschaft.“ Unkraut beseitigt er mit Spezialmaschinen – oder per Hand. Und von Anfang an gab es nicht nur skeptische Menschen, sondern auch Unterstützung, etwa von Ehefrau Marianne Ganter. „Er hat seinen Kopf. Aber seine Entscheidungen sind meistens gut“, sagt sie lachend. Auch sein Vater Franz Ganter, von dem er den Hof übernommen hat, machte mit. Und dann war da noch das Freiburger Unternehmen Taifun-Tofu.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Jannik Wurth (links) wirft Landwirt Rainer Ganter vor der Ernte einen letzten prüfenden Blick auf die Sojapflanzen
Wenn die Bohnen beim Schütteln der Hülsen gut zu hören sind, ist der Erntezeitpunkt erreicht – meistens Ende September bis Anfang Oktober
Die fast acht Meter breite Dreschmaschine von Jannik Wurth erntet die Sojabohnen und trennt sie von den Hülsen, bevor sie dann verladen werden

Die Taifun-Tofu GmbH macht aus Sojabohnen Tofu. Was 1987 als ein kleiner Laden mit einem Absatz von vier Kilogramm Tofu pro Woche startete, hat sich zu einem Unternehmen mit mehr als 270 Mitarbeitenden und einem breiten Sortiment entwickelt: Tofu geräuchert, gewürzt, mit Basilikum, mit Kurkuma, mit Tomaten – rund 20 Produkte gibt es. Ist Tofu ein Trend? Vertriebsmanager Frank Flacker winkt ab: „Mit dem Begriff Trend tue ich mich schwer. Das klingt nach einer Modeerscheinung, die vorbeigeht. Tofu ist angekommen – auch auf dem Speiseplan von Nicht-Vegetarierinnen und -Vegetariern.“ Anfangs bezog das Unternehmen die Sojabohnen aus Übersee, vor allem aus den USA und Brasilien. Doch weil dort mehr und mehr Gentechnik eingesetzt wurde, bezog Taifun-Tofu die Sojabohne aus anderen Gebieten und holte sie 1997 nach Deutschland für einen regionalen Soja-Anbau ohne Gentechnik. Acht mutige Landwirtinnen und Landwirte konnte das Unternehmen damals davon überzeugen – darunter Rainer Ganter.

„Wir haben viel Unterstützung von Taifun-Tofu bekommen“, sagt der Landwirt im Rückblick. Mittlerweile hat Taifun-Tofu rund 170 Vertragspartnerinnen und -partner im Soja-Anbau – nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich und Österreich. Das Unternehmen bezieht 100 Prozent seiner Bio-Sojabohnen ausschließlich aus Europa. 2022 startet es gemeinsam mit der Universität Hohenheim die dritte Auflage des Projekts „1000 Gärten“. Das Ziel: neue Sojasorten zu züchten, die auch in unseren Klimazonen gut gedeihen. Bundesweit mehr als 3000 Hobbygärtnerinnen und -gärtner folgten dem Aufruf bereits und teilten ihre Erfahrungen mit verschiedenen Sojabohnen-Kreuzungen mit. Rainer Ganter muss nicht mehr experimentieren. Im sonnigen Süden wachsen seine Sojabohnen bestens. „Dieses Jahr haben wir eine gute Ernte“, sagt er. Und was antwortet er heute einem Bauern, der die Sojabohne nicht anbauen will, obwohl er es könnte? Der Soja-Pionier überlegt nur kurz – und antwortet lächelnd: „Schade. Du weißt nicht, was dir entgeht.“

„Ich betreibe keinen anonymen Massenanbau.

Gute Landwirtschaft zeichnet sich durch Vielfalt aus.“

Rainer Ganter

Herstellung bei Taifun-Tofu in Freiburg

So entsteht Tofu

Einweichen und vermahlen. Die geernteten Bohnen werden etwa zehn bis zwölf Stunden in Wasser eingeweicht. Anschließend wird die Masse zu einem Brei vermahlen und aufgekocht.


Sojamilch gewinnen.
 Bei der Tofuherstellung wird nur die Sojamilch gebraucht. Daher werden die Pflanzenfasern von dem Pflanzensaft getrennt. Die Fasern sind als Tierfutter nutzbar.


Gerinnungsmittel hinzugeben.
 Damit die Sojamilch eine feste Konsistenz bekommt, werden ihr bei Taifun-Tofu natürliche Gerinnungsmittel beigemengt.


Tofubruch pressen.
 Die geronnene Masse – der sogenannte Tofubruch – wird gepresst, in handliche Blöcke geschnitten und dann im Wasserbad abgekühlt.


Würzen, räuchern und verpacken.
 Die Blöcke werden verkleinert und je nach Art mit Gewürzen vermischt, wieder in Form gebracht, zum Teil geräuchert und anschließend verpackt.

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