12.06.2017 – Das täglich Brot zwischen Wertschätzung und Wertschöpfung: Auf dem Evangelischen Kirchentag in Berlin diskutierten Ende Mai auf einer Podiumsdiskussion Fachleute aus Landwirtschaft, Handel und gesellschaftlichen Institutionen über Wertewandel, nachhaltige Landwirtschaft, Konsumentenverhalten und Tiergerechtigkeit. Die Veranstaltung war Teil der Podiumsreihe „Nachhaltigkeit“ des Kirchentags. Rund 600 Besucher nahmen daran teil.

Wo macht man sich in unserer Gesellschaft am täglich Brot schuldig – individuell, im alltäglichen Ernährungsverhalten, aber auch strukturell hinsichtlich der Produktions-, Vermarktungs- und Konsumverhältnisse? Diese provokative Frage stellte der EKD-Beauftragte für Landwirtschaft und Ernährung, Dr. Clemens Dirscherl, auf dem Ernährungsforum – unter Verweis auf die Bitte „unser täglich Brot gib uns heute“ im Vaterunser. Allein mit dieser Frage machte er deutlich, worum es sich in dem Ernährungsforum primär drehte: darum, inwieweit Unternehmen und Konsumenten zu einer fairen Lebensmittelproduktion beitragen können und wollen.

Jürgen Mäder, Geschäftsführer EDEKA Südwest Fleisch, betonte, dass sein Unternehmen sich dem gesellschaftlichen Wertewandel stelle. Den Verbraucherwünschen nach mehr regional, bio und fair trage man mit einem entsprechenden neuen bzw. angepassten Warensortiment Rechnung. Am Beispiel des Tierwohls zeigte er auf, wie die gesamte Wertschöpfungskette von der Landwirtschaft über die Schlachtung und Vermarktung den Aspekt der Tiergerechtigkeit realisiere und dabei auch mit dem deutschen Tierschutzbund und dessen Tierschutz-Label kooperiere.

Jürgen Mäder, Geschäftsführer EDEKA Südwest Fleisch diskutierte beim Evangelischen Kirchentag u.a. über nachhaltige Landwirtschaft
Hob auf dem Forum hervor, dass sein Unternehmen sich dem gesellschaftlichen Wertewandel stellt: Jürgen Mäder, Geschäftsführer EDEKA Südwest Fleisch.

Auf Rückfrage aus dem Publikum räumte der EDEKA-Vertreter ein, dass man nicht das gesamte Warensortiment auf bestimmte Premium-Erzeugnisse ausrichten könne, sondern die Gesamtheit der Kundschaft mit ihren vielfältigen Präferenzen und Einkommensverhältnissen unternehmensethisch im Blick habe: „Bei uns kann jeder sein gewünschtes Produkt kaufen: ob bio oder konventionell, Fleisch oder vegan, unterschiedliche Standards in der Tierhaltung und auch die regionale Schiene aus Baden-Württemberg wird bedient“, so Mäder wörtlich.

Für die Geschäftsführerin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA, Dr. Heidrun Thaiss, sind präventive Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen unverzichtbar, um langfristig ein gesünderes Ernährungsverhalten entsprechend der Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE zu erreichen: ausgewogene Mahlzeiten, mit Fleisch und Fisch, viel Obst und Gemüse sowie ballaststoffreiche Kost.

Klaus Müller, Vorsitzender des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, forderte von der deutschen Politik mehr Klarheit und Wahrheit bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln. Gerade für Fleisch müsse analog der Eierkennzeichnung nach Haltungsstandards (0-3) eine ähnliche Qualitätsabstufung mittels Labels verpflichtend sein – ein Vorschlag, der zuvor auch schon bei EDEKA-Vertreter Jürgen Mäder auf positive Resonanz gestoßen war.

Die Präsidentin von Slow Food, Ursula Hudson, brachte die Diskussion abschließend auf den Punkt: Beim Thema Essen gehe es nicht vorrangig um Sättigung durch Kalorien als Selbstzweck, sondern als Spiegel unserer gesellschaftlichen  Lebens- und Wirtschaftsweise um mehr Zeit für Einkauf und Kochen, mehr Transparenz und gutes handwerkliches Wissen in Landwirtschaft sowie Be- und Verarbeitung als Eckpfeiler einer beglückenden Ernährung.